Auch dieses Jahr, und zwar zum neunten Mal, haben unsere Schülerinnen und Schüler der Philosophie in der Q1 einen Workshop mit unseren Partnern der Stadtwerke erleben können.
Für sieben Wochen hatten sie sich mit Themen der Wirtschaftsethik sowie mit Autoren wie Aristoteles, Adam Smith, Hans Jonas, John Rawls und Michael Sandel unter der Leitung von Herrn Pizzo beschäftigt und haben ihren Sinn für ethische Fragen und mögliche Lösungen in der Wirtschaft geschult.
Am 21. Juni, als Herr Heid, Herr Kortmann und Herr Amir von der Konzern‐ und Organisations‐entwicklung der Stadtwerke Bonn ein lebhaftes Rollenspiel durchgeführt haben, war die Frage aktueller denn je. Worum ging es dabei?
Wer diesen Artikel gerade liest, sei es am PC, auf dem Tablet oder auf dem Smartphone, hat bestimmt wenigstens ein paar Mal ein Kleidungsstück, ein Buch, eine Reise oder einen Drucker online gekauft. Ein einfacher Klick und der Kauf ist erledigt – keine lange Anfahrt zu den verschiedenen Läden, kein nerviges Verkaufspersonal, das bestimmte Angebote anpreist, dafür riesige Vielfalt des Angebots und in einigen Fällen sogar ein Preisnachlass online.
Die Tendenz steigt jedes Jahr und das ganze Spiel ist so berauschend, dass wir kaum an die Nebeneffekte dieser digitalen Revolution in Sachen Einkäufe denken.
Wie werden unsere Städte in einigen Jahren aussehen? Wer stellt noch Verkaufs‐ und Ladenpersonal ein? Und vor allem: Wer beschert der Stadt die fetten Gewerbesteuern, die die zahlreichen und wertvollen kommunalen Angebote – Schulen, Straßen, Krankenhäuser, Bäder, Bibliotheken, Theater – ganz finanzieren oder bezuschussen und sie somit für alle Bürgerinnen und Bürger verfügbar machen?
Das ist eine Frage der Fairness (gegenüber Menschen, die sich solche Dienste privat nicht leisten könnten) und der Nachhaltigkeit (Erhalt von einem gewissen Lebensniveau in einer Stadt und vor allem von Arbeitsplätzen).
Ein Job also für den Ethiker, besser gesagt für den Wirtschaftsethiker!
Im Rollenspiel haben Schülerinnen und Schüler als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger, der Politik, des Einzelhandels und einer weltweit marktführenden Onlinefirma ihren Bedenken, Vorschlägen, Protesten und Interessen wirkungsvoll Ausdruck gegeben. Die Bürgermeister mussten an einem für die Stadt verträglichen Kompromiss arbeiten.
Das Spiel hat gezeigt, dass wie im wirklichen Leben die Position des riesigen Onlinehandels immer stärker wird. Der Konsument hat sich – sei es aus Bequemlichkeit, wegen der Sparmöglichkeiten, oder aus Überzeugung – insgeheim schon entschieden.
Die Frage, die offen blieb, war: mit welchem Bewusstsein über die Folgen?
Unser Wirtschaftsethik‐Unterricht, seit langem ein fester Bestandteil im Schulangebot des Tannenbusch‐Gymnasiums, wird auch in den nächsten Jahren am Ball bleiben – und Sie informieren!
Dr. Giovanni Pizzo